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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1990-05

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1990-05

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Ausgabe
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1990-05
Veröffentlichungsjahr:
1990-05-01

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_1990_05

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Autor:
Füßl, Peter
Titel:
New Age-Psychosen: Interview mit Dr. Josef Amann
Beteiligte Personen:
Füßl, Peter

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1990-05
  • Titelseite
  • Kauf Dir Dein Bewußtsein!
  • Inhaltsverzeichnis
  • Die Einweihungs-Diskonter
  • New Age-Psychosen: Interview mit Dr. Josef Amann
  • Das Gift wird zur Arznei: Homöopathie und die sogenannte Esoterik
  • Interview mit Ven. Gonsar Tulku
  • Aufgelesene Buchenstäbe oder: Kleines postmodernes Praktikum der Bibliotherapie mit 52 entwurzelten Zitaten
  • Neue Mystik oder sanfte Verblödung?
  • Heimlichkeiten statt Geheimnis Recherchen über das "Engelwerk"
  • Zwischen allen Fronten: Aufstieg und Fall des Arbeiterfunktionärs Meinrad Hämmerle
  • Fremd sein ist ein Witz: Look, listen and love
  • Schubertiade-Troubles: Interview mit Gerd Nachbauer
  • Die Getzner-Saga
  • Der literarische Beitrag: Wolfgang Lanik - Buch des Lebens oder Aus den Märchen des Doktor Faustus
  • Neue Bücher
  • Yabanda - In der Fremde - Utudjini
  • Reaktionen
  • Die vorletzte Seite

Volltext

8 
NEW 
AGE-PSYCHOSEN 
INTERVIEW MIT 
DR. JOSEF AMANN 
Dr. Josef Amann ist Oberarzt in 
der Abteilung Psychiatrie I am 
Landesnervenkrankenhaus Valduna in 
Rankweil, wo er auch immer wieder 
mit Patienten zu tun hat, die man 
als "Esoterik-Opfer" bezeichnen 
könnte. Peter Füßl führte das fol 
gende Gespräch. 
KULTUR: Was verbinden Sie als Psy 
chiater mit Stichworten wie New 
Age oder Esoterik? Das ist ja heu 
te ein neuer Wirtschaftszweig, der 
sich auch hierzulande immer mehr 
breitmacht. Das Produkt, daß da 
vielfach angeboten wird, heißt Be 
wußtseinsänderung - das müßte ja 
auch in Ihren beruflichen Bereich 
hineinspielen. 
AMANN: Die Esoterik ist ein Phäno 
men, das es immer schon gegeben 
hat - z.B. beim Zusammenbruch des 
ägyptischen Großreiches oder der 
hellenistischen Kultur hatte die 
Esoterik auch ihre Blütezeiten, 
oder wenn man an die Platoniker, 
die Neuplatoniker oder die Kyniker 
denkt. Das Phänomen tritt immer 
dann besonders stark auf, wenn 
Enttäuschungen über bestehende 
Systeme einen Nährboden bei den 
Menschen bilden. Auch heute - nach 
einem Überschwang des Glaubens an 
die Technik und an den Fort 
schritt, dessen Grenzen immer 
deutlicher werden - bricht sozusa 
gen ein "Weltbild“ zusammen. Des 
halb halten die Leute nach Neuem 
Ausschau, und die alten und immer 
vorhandenen Strömungen treten wie 
der deutlicher hervor. Man greift 
wieder auf alte esoterische Prak 
tiken zurück, wobei durch die viel 
größeren Informationsmöglichkeiten 
im Medienzeitalter eine viel ra 
schere Verbreitungsmöglichkeit be 
steht. Auf dem Zeitschriftensektor 
ist ja eine überbordende Esoterik- 
Flut festzustellen. Deshalb werden 
sicherlich vermehrt neue esoteri 
sche Gruppen, ich möchte fast sa 
gen "Orden", auftauchen. Das be 
deutet für uns auch das vermehrte 
Auftreten psychotischer und ande 
rer psychiatrischer Erkrankungen, 
die durch die Teilnahme an solchen 
esoterischen Gruppen ausgelöst 
werden können. 
KULTUR: Man kann also sagen, daß 
die Angst - Zukunftsangst, Weltun 
tergangsstimmung etc. - letztlich 
für viele der Auslöser für esote 
rische Versuche ist. Bei uns gibts 
ja auch schon Organisationen, die 
von der indianischen Schwitzhütte 
über das Steinzeit-Survival bis 
zum Rebirthing alles anbieten. Wo 
rin besteht denn die konkrete Ge 
fahr, für jene, die sich auf solch 
ein Abenteuer einlassen? 
AMANN: Es handelt sich, wie auch 
die historischen Beispiele zeigen, 
oftmals um Mysterienkulte, um ge 
schlossene Kultgruppen, deren Mit 
glieder nach außen hin nicht sagen 
dürfen, was sich innerhalb solcher 
Gruppen kultisch, rituell ab 
spielt. Heutzutage ist die Viel 
zahl an Möglichkeiten natürlich 
noch viel größer als früher, da 
auch Ideen anderer Kontinente auf 
gegriffen werden. Die Mischungen 
sind von den Inhalten her oftmals 
recht kunterbunt. Was die Fälle 
betrifft, die zu uns gekommen 
sind, kann ich nicht mit Zahlen 
aufwarten, da wir das nicht stati 
stisch erfaßt haben. Es kommt aber 
gar nicht so selten vor, daß Leute 
anläßlich solcher Gruppensitzungen 
oder Mitgliedschaften in psycho 
tische und andere psychiatrische 
Krankheitszustände geraten sind. 
Neben den Psychosen sind auch be 
sonders schwere neurotische Ent 
gleisungen und anorektische Zu 
stände bei Jugendlichen zu beob 
achten. Die Anorexie ist eine 
schwere Krankheit, in der Perioden 
der Nahrungsverweigerung mit sol 
chen übertriebener, unkontrollier 
ter Nahrungsaufnahme abwechseln. 
Sie entstehen meistens im Adoles 
zenzalter und sind mitgetragen von 
einem Beziehungskonflikt mit den 
Eltern, der Familie oder der ge 
sellschaftlichen Umgebung. Da 
spielen dann meist die Einflüsse 
von besonders rigiden, stark mora 
lisierenden und stark bindenden 
Gruppen hinein. 
KULTUR: Gerade unter den Jugendli 
chen ist ja auch ein starker Drang 
in diese Bereiche spürbar - das 
fängt mit Schülergruppen an, die 
Tischchenrücken, Pendeln, Karten 
legen usw. 
AMANN: Bei den Jugendlichen haben 
wir diese Phänomene bisher nur 
vereinzelt beobachten können, wo 
bei ich annehme, daß die Facharzt 
kollegen in der freien Praxis mehr 
damit konfrontiert werden, weil ja 
nicht alle psychischen Veränderun 
gen mit Krankheitswert einen sta 
tionären Aufenthalt im Landesner 
venkrankenhaus erforderlich ma 
chen. Ich weiß nur Zahlen aus der 
Berner Universitätsklinik, wo un 
ter dem Begriff der ecclesiogenen 
Neurosen - sogenannt, weil man 
dieses Phänomen früher besonders 
im Zusammenhang mit den kirchli 
chen Sekten beobachtet hat - etwa
	        

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