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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1988-01

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1988-01

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Ausgabe
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1988-01
Veröffentlichungsjahr:
1988-01-01

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_1988_01

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Autor:
Swozilek, Helmut
Titel:
"Kultur" - Gespräch
Beteiligte Personen:
Swozilek, Helmut

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1988-01
  • Titelseite
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Bombengeschäfte für Vorarlbergs Wirtschaft in der NS-Zeit
  • Der Griff nach der Jugend - einige Dokumente
  • "Heil Hitler, Herr Lehrer!" Schule unter dem Hakenkreuz
  • Wenn das der Führer wüßte ....
  • Ein Gedicht und ein Freitod: Zwei Seiten einer Tradition - Zum Tod des SAMUEL SPINDLER
  • Furchtbare Juristen, armselige Opfer
  • Blintimus Blindsky sucht Anschluß
  • "Kultur" - Gespräch
  • Ein Bazar für die Augen
  • Glossen
  • Filmnotizen
  • Interview mit Ingo Springenschmid "Sich im Schreiben wehren"
  • Plattentips
  • Die vorletzte Seite
  • Verfolgung und Widerstand 1938 - 1945 Todesopfer aus Vorarlberg

Volltext

20 
KULTUR 
..Kultur”- Gespräch 
Wir gehen von Annahmen aus: mehr 
als in den letzten zehn Jahren 
kann von "Kultur" das Gespräch 
nicht sein und kann kaum gedruckt 
werden (Kultur - ohne Anführungs 
zeichen - ist jede Reaktion des 
Menschen auf seine Unweit; wir 
können einige Jahrtausende zule 
gen, sollte man meinen, wir hätten 
nur unsere Zeit im Auge). 
Selbstverständlich hat die Infor 
mationsgesellschaft leichten Zu 
gang zu Termini, Namen, ein ein 
schlägiges Repertoire ist schnell 
abzurufen (wie Halb- und Mißver 
standenes - an Vorarbeiten anderer 
- zu einem aufgeblasenen Schmarren 
verbraten wird, kann man lesen, 
auf Weinetiketten, Einladungen zu 
Ausstellungen, wo immer gehobenes 
Niveau herrschen mag). Zitat Oskar 
Schlemmer: "Es fehlt: die Intimi 
tät, das Unzeitgemäße, dennoch 
Verhüllte, Zarte, Modernität ent 
haltend, jedoch unaufdringlich, 
ohne Plakatwirkungen." 
Die Anzahl von Ausstellungseröff 
nungen - auch die Anzahl von Aus- 
stellungsbesuchem - ist wohl 
schwer zu steigern. Immerhin wird 
dann und wann etwas verkauft/ge 
kauft. Häufiger kommt es vor, daß 
jemand sagt, dieses oder jenes 
würde er gerne besitzen wollen. 
Seltener hört man bei solcher 
Gelegenheit, daß er mehr darüber 
zu wissen verlange: nicht so ver 
standen, als wollte man sich mit 
Kenntnissen des Rechtes anhand der 
Lektüre des Kleinen Bezirksge 
richts begnügen, mit Kenntnissen 
in der Medizin anhand der Seite 
des Onkel Doktors. 
Die Frage nach der Anzahl der Ver 
anstaltungsbesucher (gleich ob 
viele oder wenige) verleitet letz 
tere zu glauben, daß ihre Anwesen 
heit es sei (gar nicht unbedingt 
die einzelnen), vielmehr ihr Zu 
sammentreffen, was "Kultur" ist 
(Ursache - Wirkung?): "Kultur'Ver 
anstaltung - Veranstaltungskultur. 
Wollte man doch zugeben, wenn man 
bei solchen Anlässen Erlebniser 
wartungen irgendwelcher Art (ange 
nehme) im Sinn hat. 
Wir leiten ab: daß die Anzahl de 
rer, die zur Vertiefung bereit 
sind, im Verhältnis zur Vielzahl 
der Zuschauer (Voyeure) zu klein 
ist, daß wenig gewonnen wurde. An 
sonsten müßte es doch Private ge 
ben in Menge, die sich auf ein 
Ziel hin der Sache widmen, äußer 
stenfalls indem sie sogar selbst 
auch etwas herstellen, sei es die 
schlichteste Erfassung, Ordnung, 
Niederlegung von Fakten (wir kon 
struieren eine Assoziationskette: 
Interesse - Bildung - Arbeit). 
Freilich langweilig, aber die 
Kenntnisse am Ende erweiternd, ei 
nige würden es danken. Im Gespräch 
legitimieren sich aber Liebhaber 
mit der Wiedergabe von Maler-Anek 
doten , waren da und dort, vertei 
len Zensuren, sagen in einer Stun 
de dreimal "Anzinger". In der Mu 
sik sollen die Vorleistungen des 
Konsumenten schwieriger sein, die 
optische Aneignung von Wörtern - 
Literatur - erfordert zumindest 
Zeit. Ein Schlagwort für grobe 
Einordnung hat man parat und ist 
zufrieden (nur: ich verstehe noch 
nichts von Halskrankheiten, wenn 
ich weiß, daß da ein Schal gut 
täte). Es ist wie mit den durch- 
designten Markenartikeln: sie 
haben ausreichend große Schild 
chen, es gibt nichts zu "kennen". 
Es gab (gibt) Mäzene/Sammler, die 
ihren Besitz beschreiben und deu 
ten konnten (können). Man denkt 
herzlich gerne zurück an die bür 
gerlichen, dilettierenden "Grün 
der". Es verklärt sich fast das 
vergleichsweise ärmliche "Kultur"- 
Leben der Zwischenkriegszeit (aber 
wie sich - unter den wenigen - 
viele engagierten, deklarierten, 
sich Konturen gaben: frei waren). 
Natürlich konterkariert Kunst die 
Verhältnisse, natürlich bedingt 
Bildung die Überprüfung eigener 
Positionen, natürlich steht das 
spätere Werk immer gegen das vor 
herige. Letzter Tatsache betrifft 
aber doch jede anspruchsvolle Ar 
beit, die des Chemikers wie die 
des Schreiners (wie es Clemens 
Holzmeister meinte: "Ich beginne 
nie mit meiner Erinnerung, was ich 
schon einmal genacht habe, sondern 
frage mich immer, wie mache ich es 
jetzt, in dieser Situation"). 
Schade, daß es trotz solcher ge 
meinsamer Konditionen kaum einmal 
zur Solidarisierung reichte. 
Der Leser sollte festgestellt ha 
ben, daß hier nicht Alt gegen Neu 
ausgespielt wird (Picasso (!) sag 
te jemandem, der das tat, daß er 
von beiden nichts verstünde). Es 
geht nicht mit der Praxis: Wetter 
häuschen, einmal die Karte "Ge 
schichte"/' Tieimat" (Accessoirs, 
Wortschatz zur Hand), einmal die 
Karte "Moderne" (auch hier: Acces 
soirs, Wortschatz), das ist wie 
ein stetes Sich-Umziehen (viele 
werden das 1988 üben, die "1938" 
nur aus dem Buch kennen.) Koren in 
Graz hat das z.B. nicht so gameint 
und nicht so gemacht, war zumin 
dest Partner, nicht Makler. 
Und wann und wie geschieht denn 
Kunst, Kulturarbeit tatsächlich? 
Eben während und indan sie gemacht 
wird, großteils allein. Mit der 
Frage ist in erster Linie appel 
liert an die Einsicht in das Exi 
stentielle der Sache. Es ist etwas 
Elitäres: Nicht in dem Sinn, daß 
jene Einsicht wenigen Vorbehalten 
sein soll, sondern insofern, als 
es zu wenige sind, die sich dan 
stellen. 
Helmut Swozilek
	        

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