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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-06

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-06

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Ausgabe
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-06
Veröffentlichungsjahr:
1987-06-01

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_1987_06

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Titel:
Ing. mit Mag. Sieghard Paier

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-06
  • Titelseite
  • Inhaltsverzeichnis
  • Fremdenverkehr - befremdlich verkehrt
  • Allgemeine Anmerkungen zur Veränderung der Volks-Kultur durch den Massentourismus
  • Ing. mit Mag. Sieghard Paier
  • Landesgalerie: Keiner weiss was, das dafür aber ganz genau
  • Blintimus Blinsky läßt aufheulen
  • "Waldheim ist ein Gottesbeweis...."
  • Nachruf auf den Cineclub Zoom oder die Macht der Multinationalen Verleiher und die Ohnmacht der Provinzkinos
  • Neue Dornbirn-Publikationen
  • Kein Denkmal für Sisyphus errichten
  • Platentips: Tödliche Waffen!
  • Reaktionen
  • Interview mit Sarah Kirsch
  • Filmnotizen
  • Der literarische Beitrag: Florentine Stock "Berliner Zeiten"
  • Magazin

Volltext

14 
KULTUR 
Schubertiade zwei weltweit aner 
kannte Spitzenleistungen. Die Zu 
kunft des Kulturtourismus sieht so 
aus, daß er einen Wachstumsbe 
reich innerhalb des Fremdenver 
kehrs darstellt»weil das Kulturbe 
wußtsein der Gäste stärker wird 
und auf breitere Bevölkerungskrei- 
se übergreift. Das hängt mit dem 
steigenden Bildungsgrad und dem 
größeren materiellen Wohlstand zu 
sammen und führt dazu, daß man 
sich innerhalb der Freizeit ein 
fach mehr mit kulturellen Angebo 
ten befaßt. 
KULTUR: Es kann aber wohl nicht 
der Stein der Weisen sein, dieses 
kulturelle Angebot auf zwei Groß 
veranstaltungen zu konzentrieren? 
Glauben Sie nicht auch, daß der 
Gast im hinteren Montafon auch 
einmal einen Kabarettabend in 
Schruns genießen können sollte? 
PAIER: Ich möchte festhalten, daß 
nur wegen kultureller Höchstlei 
stungen Touristen eigens in unser 
Land reisen. Im Bodenseeraum sind 
es etwa 10 Prozent der Gäste, die 
nur wegen der Festspiele kommen, 
und auch wegen der Schubertiade 
kommen viele, die sonst überhaupt 
nicht nach Vorarlberg kämen. Aber 
es ist unser Anliegen, auch deswe 
gen, weil wir unsere eigene Iden 
tität finden und pflegen wollen, 
daß den Gästen die kleinkulturelle 
Szene des Landes dargeboten wird, 
und zwar den Gästen, die sowieso 
zu uns kommen und bei uns Urlaub 
machen. D.h., daß das bisherige 
Unterhaltungsangebot im Sommer, 
das sich im wesentlichen auf Hei 
matabende und Lichtbildervorträge 
beschränkt hat, in Zukunft um die 
kleinkulturelle Szene Vorarlbergs 
erweitert und dadurch im Niveau 
angehoben und attraktiver gemacht 
werden soll. Zu diesem Zwack hat 
ja der Landesfremdenverkehrsver 
band eine sogenannte Unterhal 
tungsbörse eingerichtet, die so 
funktioniert, daß an verschiedenen 
Abenden den Hoteliers und Ver- 
kehrsleitem Querschnitte durch 
diese Szene gezeigt werden, und 
daß im Landesverband eine täglich 
erreichbare Vermittlungsstelle für 
die Kleinkultur Vorarlbergs be 
steht, die die Künstler an inter 
essierte Hotels und Gemeinden ver 
mittelt. 
KULTUR: Können Sie sich auch eine 
Zusammenarbeit mit jenen Kleinkul- 
turveranstaltem vorstellen, die 
das ganze Jahr auf diesem Sektor 
tätig sind und im Sommer bisher 
immer Sonmerpause gemacht haben? 
PAIER: Ja, daß ist ein weiterer 
Aspekt, daß bestehende Einrichtun 
gen der Kleinkultur in Zukunft für 
den Tourismus stärker aktiviert 
werden müssen. 
. j .r'l-r ■ " 
KULTUR: Nun noch zu einem anderen 
Bereich: der Tourismus wirft ja 
auch eine Menge sozialer und so- 
ziokultureller Probleme auf, etwa 
die Gefahr des Identitätsverlu 
stes. Haben Sie hier Erfahrungen 
aus dem Bereich Vorarlberg? 
PAIER: Ihre Feststellung kann nur 
dann als richtig bezeichnet wer 
den, wenn es sich um Massentouris 
mus handelt, der negative Einflüs 
se auf den soziokulturellen Be 
reich hat.In Vorarlberg haben wir, 
von wenigen Ausnahmen abgesehen, 
keinen Massentourismus, da wir ja 
seit Jahren und Jahrzehnten auf 
Individualtourismus, auf kleine 
Einheiten - sowohl bei den Betrie 
ben, als auch bei den Bettenzahlen 
der Gemeinden - setzen. Gemessen 
am übrigen Alpenraum oder an medi 
terranen Tourismusregionen ist bei 
uns alles klein und überschaubar. 
Formen des Massentourismus sehen 
wir in Vorarlberg nur punktuell an 
gewissen Wochenenden im Winter, 
\br, 
.an 
beig 
wenn Schnee und Wetter zusammen 
passen. Dann gibt es zweifellos zu 
viel Tagestourismus und es müssen 
Mittel und Wege gesucht werden, um 
das zu reduzieren und zu stabili 
sieren. 
KULTUR: Es gibt ja auch Untersu 
chungen, daß die Zahl psychischer 
Erkrankungen und Suizidgefährdun 
gen etwa in der Hochsaison am Arl 
berg durchaus bedenklich sind. 
Wenn man jetzt bedenkt, daß etwa 
in Lech das Verhältnis von Einhei 
mischen zu Fremden 1 : 7 ist und 
Untersuchungen ergeben haben, daß 
dieses Verhältnis 1 : 1,5 nicht 
überschritten werden sollte, 
schaut die Sache schon etwas pro 
blematisch aus. 
PAIER: Ich möchte nochmals sagen, 
daß wir in Vorarlberg keine zu 
sätzlichen Kapazitäten mehr schaf 
fen wollen, der quantitative Aus 
bau hat sicher seine Grenzen er 
reicht. In anderen alpinen Ländern 
wächst das ja immer noch weiter, 
und das macht die Entwicklung bei 
uns ja bemerkenswert. Diese Studie 
mit den Verhältniszahlen von 1 : 
1,5 kann vielleicht auf ein ganzes 
Land oder eine große Region bezo 
gen stimmen, in Vorarlberg haben 
wir etwa 300.000 Einwohner und 
75.000 Gästebetten. Auf das Land 
bezogen ist das also eine gesunde 
Zahl. Natürlich kann man das nicht 
auf jede Tourismusgemeinde anwen 
den. Wenn wir etwa Zürs mit seinen 
85 Einwohnern nehmen, dürften dort 
nur 120 Gästebetten stehen. Das 
wäre völlig sinnlos, denn unter 
1000 Betten ist eine touristische 
Gemeinde überhaupt nicht lebens 
fähig, wenn der Fremdenverkehr 
dort den Haupterwerb darstellt. 
Zürs hat 1300 Betten. Die Behaup 
tung, daß dort, wo besonders in 
tensiver Fremdenverkehr herrscht, 
die Suizidrate besonders hoch sei, 
ist für uns bis jetzt eine unbe 
wiesene Behauptung. Wir sind aber 
im Begriff, uns mit den Autoren 
dieser Studie zusammenzusetzen, um 
dieses Problem in aller Ruhe zu 
diskutieren. 
KULTUR: Zum Schluß: Wie würden Sie 
als Tourismusexperte sich die tou 
ristische Zulomft Vorarlbergs wün 
schen? 
PAIER: Es darf, um es nochmals zu 
sammenzufassen, kein quantitativer 
Ausbau mehr stattfinden, der Tou 
rismus darf sich nur mehr in qua 
litativer Hinsicht weiterent 
wickeln. Die Qualität des Angebots 
muß weiter angehoben und dadurch 
bessere Erlöse erzielt werden. Der 
Tourismus muß sich aber auch so 
entwickeln, daß er mit der Natur 
und der einheimischen Bevölkerung 
in Einklang zu bringen ist. 
KULTUR: Danke für das Gespräch.
	        

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