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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-02

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-02

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Ausgabe
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-02
Veröffentlichungsjahr:
1987-02-01

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_1987_02

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Autor:
Füssl, Peter
Titel:
Interview: Alex Freihart ("Die Wildente") und Reinhold Schillinger ("Das Nest")
Beteiligte Personen:
Füssl, Peter

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1987-02
  • Titelseite
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Interview: Bernhard Amann zur Jugendhaus-Szene
  • Zolltarif Nummer 12.07 B 1
  • Aus meiner Sicht, die Baubehörden und das bauen
  • Plattentips: Die Platte des Jahres 1987
  • Die Menschwerdung des Magisters Dorn
  • Paradigma der Kindheit
  • Interview mit Paul Flieder
  • Der literarische Beitrag: Unternehmen Wursthaut
  • Deutsch perfeckt
  • Interview: Alex Freihart ("Die Wildente") und Reinhold Schillinger ("Das Nest")
  • Filmnotizen
  • Mythos & Wirklichkeit
  • Reaktionen
  • Blintimus Blinsky im rabel
  • Die vorletzte Seite

Volltext

KULTUR: Die Wildente ist ja ein SCHILLINGER: Das könnte man viel 
sehr starkes Symbol, welche Rolle 
spielt sie in Ihrer Inszenierung? 
FREIHART: Dieses Symbol ist sehr 
stark ins Stück verwoben upd sehr 
vieldeutig. Da ist einmal das die 
Freiheit gewohnte Tier, das sich 
aber scheinbar zähmen und einsper 
ren läßt. Wichtig ist aber auch 
jene Bedeutung, daß sich die ange 
schossene Wildente unter Wasser in 
die Wurzeln verbeißt bis sie vom 
Jagdhund heraufgeholt wird - ob 
wohl sie nie mehr ihr Leben leben 
können wird. Die Frage ist also 
schon, ob man so ein Tier, das von 
der Natur her bestürmt wäre zu 
grunde zu gehen, aufpäppeln soll, 
damit es dann so vor sich hin ve 
getiert. Auch Menschen, die ir 
gendwann einmal sehr schwer ange 
schlagen wurden, können oft von 
diesem Zeitpunkt an nur mehr 
scheinbar leben. 
KULTUR: "Die Wildente" ist ja ein 
eher schwierig zu inszenierendes 
Stück symbolisch verbrämter Ent 
hüllungspsychologie. Wie schaut 
Ihr Konzept aus? 
FREIHART: Meine Erfahrung hat mich 
gelehrt, daß jedes Stück schwierig 
zu inszenieren ist. Ich versuche, 
vor allem auch die tragikomischen 
Situationen herauszuarbeiten, denn 
für mich ist Theater dort am in 
teressantesten. Tragikomische 
Stücke sind am schwierigsten zu 
schreiben - und wenn Sie so wollen 
- auch am schwierigsten zu insze 
nieren. Das ganze ist nämlich eine 
ständige Gratwanderung: wie weit 
darf die Komik reichen, wo fängt 
die Tragik an. Ich versuche die 
Komik, das Verrückte an diesem 
Hjalmar Ekdal herauszubringen und 
dennoch den Punkt nicht zu verpas 
sen, wo es von der Komik in die 
Tragik übergeht. 
DAS NEST 
KULTUR: Haben Sie die Inszenierung 
dieses Stückes schon länger ge 
plant, oder bauen Sie nur auf die 
derzeitige Femsehpopularität von 
Kroetz? 
leicht vermuten, aber der eigent 
liche Grund liegt darin, daß wir 
vor zwei Jahren "Oberösterreich" 
gespielt haben, und "Das Nest" ja 
gewissermaßen eine Fortsetzung da 
von ist. Wäre der Valentin-Abend 
nicht so außergewöhnlich erfolg 
reich gelaufen, hätten wir den 
Kroetz schon in der letzten Saison 
gebracht. Es hat also wirklich 
nichts mit "Kir Royal" zu tun, 
vrenngleich uns diese gute Reklame 
natürlich nicht ungelegen kommt. 
KULTUR: Das Stück ist schon zehn 
Jahre alt, hat aber an Aktualität 
nichts verloren. 
SCHILLINGER: Ich glaube, daß es 
eher noch aktueller geworden ist. 
Ich möchte den Inhalt nicht verra 
ten, es geht aber um Umweltver 
schmutzung. 
KULTUR: Vor allem um die Verstrik- 
kung des einzelnen in die ganze 
Problematik. 
SCHILLINGER: Es geht um die Ver-' 
antwortung, die jeder einzelne für 
die Unweit tragen muß. Uns geht es 
vor allem aber auch um die Bezie 
hung zweier miteinander verheira 
teter Menschen, wenn diese einer 
extremen Belastung unterworfen 
wird. 
KULTUR: "Das Nest" ist eigentlich 
ja ein sozialkritisches Stück? 
SCHILLINGER: Wir wissen, daß 
Kroetz zwei Jahre vor er dieses 
Stück geschrieben hat in die DKP 
eingetreten ist, und er hat sicher 
versucht, einiges an Sozial- und 
Gesellschaftskritik in dieses 
Stück hineinzulegen. Ich versuche 
in meiner Inszenierung aber mehr 
aus das Psychologische Wert zu le 
gen. Die Ehe ist auf den ersten 
Blick hin zwar in Ordnung, im 
Grunde wohl aber doch ziemlich 
oberflächlich. Durch das tragische 
Ereignis, den Unfall, erfährt die 
se Beziehung eine neue Dimension 
und ist danach eine andere als 
vorher. Das erscheint mir eigent 
lich fast wichtiger als das so 
zialkritische Moment. 
KULTUR: Andrerseits handelt der 
Kurt aber ja nicht aus Bösartig 
keit. 
SCHILLINGER: Nein, er wird durch 
die Umstände dazu gezwungen, Dinge 
zu tun, die er eigentlich gar 
nicht mehr verantworten kann, um 
Frau und Kind alles bieten zu kön 
nen, was er glaubt, ihnen bieten 
zu müssen. Vor allen denkt er gar 
nicht darüber nach, die Problema 
tik wird ihn ja erst nach dem Un 
fall bewußt. Dann entscheidet er 
auch, daß es so nicht weitergeht. 
KULTUR: Das Ende des Stückes 
scheint allerdings sehr optimi 
stisch, wenig realitätsnahe. 
SCHILLINGER: Ich sehe das auch so. 
Das kommt eben aus dieser "konmu- 
nistischen Ecke". Der Kroetz woll 
te halt zeigen, daß der Mensch an 
und für sich gut wäre, aber die 
Umstände leider nicht dementspre 
chend sind. 
KULTUR: Irgendwo erscheint das 
Stück als Lehrstück mit Zeigefin 
gerdidaktik. 
SCHILLINGER: Ja, aber genau das 
wollen wir eben verhindern. Deswe 
gen lege ich ja auch so viel Wert 
auf die psychologische Seite. Zei 
gefinger-Arbeit erscheint mir näm 
lich zu einseitig und auf Dauer 
eher langweilig. Man muß doch zwei 
Menschen auf die Bühne stellen, 
die glaubhaft sind und an deren 
Schicksal man als Zuschauer Inter 
esse hat. Das erscheint mir viel 
spannender und auch wichtiger. 
KULTUR: Danke für das Gespräch.
	        

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