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Der Landbote. Blätter für den Bürger und Landmann, Jg. 1847 (1)

Bibliografische Daten

fullscreen: Der Landbote. Blätter für den Bürger und Landmann, Jg. 1847 (1)

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Archive im Landkreis Konstanz
Titel:
Der Landbote
Untertitel:
Blätter für d. Bürger
Publikationsort:
Stockach
Verlag:
Gulde

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=345199-9
Strukturtyp:
Zeitschriftenband
Sammlung:
Archive im Landkreis Konstanz
Titel:
Der Landbote. Blätter für den Bürger und Landmann, Jg. 1847
Band, Heft, Nummer:
1
Publikationsort:
Stockach
Veröffentlichungsjahr:
1847
Verlag:
F. S. Gulde
Größe der Vorlage:
folio

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=345199-9_1847

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Der Landbote
  • Der Landbote. Blätter für den Bürger und Landmann, Jg. 1847 (1)

Volltext

Der Landbo⸗ 
Stadtarcohi 
Stockach 
giadthitice * —E okentrs 
IV.-Nr. 
Blätter fsür den Bürger und CLandmann. 
Dieses Blatt erscheint Mittwochs und Samstags in jeder Woche. — Preis Vorausbezahlung 2 fl. 30 kr. Einrückungsgebühren 
per Zeile 3 kr. das erstemal, die weiternmale 2 kr. 
Erster Jahrgang. 
Nro. 1. Samstag 9. Jauuar 1847. 
* 
Der Bauernustand. 
Aus der Oberrheinischen Zeltung. 
Wir wollen gleich in unsrer ersten Nummer einen 
gut geschriebenen Artikel aus gedachtem Blatte nehmen. 
Und zwar den Artikel über den Bauernstand. 
Das Wort klingt zwar in manchen Ohren allzu⸗ 
grob, man hat daher allerlei schönere und feinere 
Namen erfunden. Landmann, Landwirth, und weil 
das immer noch nicht wie ein Titel klingt, so hat 
man es sogar in's Griechische übersetzt, so daß Man— 
cher sich Oeconom nennt, der nicht einmal weiß, daß 
dieß ein griechisches Wort ist, aber es klingt eben 
vornehmer. Wir bleiben aber bei dem guten alten 
Wort „Bauer,“ weil dieß den Stand am treffendsten 
bezeichnet, naͤmlich Einen, welcher das Feld baut. 
Wer sich aber dieses Namens schaͤmt, weil er ihm zu 
gering duͤnkt, für den ist der Name zu gut, ein folcher 
bringt dem Bauernstande keine Ehre, wir wollen ihn 
„Herrenknecht“ nennen. Was nimmt nun der Bauern⸗ 
stand unter den übrigen Staänden für eine Stellung 
ein? Ehemals stand es freilich schlimm damit, da gab 
es außer den Geistlichen nur Herren, Bürger uͤnd 
Bauern, und die letztern waren die Geschundensten, 
Gedrücktesten, Verachtetsten, leibeigenen Knechte, wie 
dieß ausfuͤhrlicher in Zittel's Kalender von 1847 zu 
lesen ist. Ohne diese furchtbare Unterdrückung waͤre 
nie ein Bauernkrieg entstanden. Freilich in noch frühern 
Zeiten, aber ganz früh, da war dieß anders, da war 
der Bauer ein freier Gutsbesitzer und Bauer und 
Baron war einerlei, wie noch der Name zeigt. Bauer 
wurde naämlich auch Bar gesprochen, wie das Wort 
„Nachbar“ beweist, wofuͤr in alten Handschriften 
„Nachpaur“ zu lesen ist, das heißt der Bauer, der 
mir nahe wohnt. So schrieb sich auch der Konstanzer 
Reformator Ambrosius Blarer eigentlich Blaurer, 
wurde aber Blarer ausgesprochen und spaͤter auch so 
geschrieben. Indem man nun das Wort Bauer ver⸗ 
kürzte in Bar und eine lateinische Endung daran setzte, 
enstund das Wort Baron, der auch früher weiter nichts 
war, als ein Güterbesitzer wie der freie Bauer. Nun 
kam es aber allmaͤlich so, daß die großen Gutsbesitzer 
die kleinen unterdruͤckken, und so wurden die Erftern 
Barone und die Letztern Bauern. Jetzt ist das Ver— 
haͤltniß freilich anders. Viele Barone sind herunter⸗ 
—XR 
gerettet, und viele Bauern sind hinaufgekommen und 
reiche Leute geworden, daß sie mit solch“ einem armen 
Baron nicht tauschen möchten. Ueberhaupt hat der 
Unterschied zwischen Herren, Bürgern und Bauern 
aufgehört, oder ist, doch dem Verschwinden nah. 
Bürger sollen alle sein, der Herr und der Bauer, das 
wissen wir schon, und der Bauer ist jetzt auch ein Herr; 
oder heißt der Bürgermeister im kleinen Dorfe nicht 
auch „Herr“ Bürgermeister ? Entweder ist „Herr“ ein 
bloßer Titel, und dann hat ihn jetzt Jeder, oͤder Herr 
ist der, welcher etwas zu befehlen hat, und da hat 
mancher Bauer mehr Leute zu seinem Befehle unter 
sich und ist also ein größerer Herr als mancher hoch— 
nasige Schreiber auf der Amtsstube, der den Bauern 
barsch anfährt und vor dem Herrn Amtmann der ge⸗ 
schmeidigste Wurm ist, in der ganzen Welt aber gar 
nichts zu befehlen hat. Wie steht denn also nun der 
Bauernstand? Wir meinen, er stehe wie alle Stände 
jetzt überhaupt, weder unter noch über, sondern neben 
den andern, gleich nützlich und gleich achtungswerth 
wie sie, gleich ihnen mit seiner Licht⸗ und seinet 
Schattenseite. Wir sind zwar weit entfernt, das 
Bauernleben so idyllisch zu schildern, wie die Dichter 
es thun, und über die Unverdorbenheit der laͤndlichen 
Sitten ließen sich allerlei Bedenken erheben. Vom 
„bäuerischen Wesen“ wollen wir hier nicht reden, 
denn das „herrische Wesen“ ist wohl auch keine 
Tugend. Aber das ist doch richtig, daß die Ueber— 
feinerung der Sitten mit all ihren Nachtheilen unter 
den Bauernstand noch nicht gedrungen ist und wenn 
schon im Bauernstande in der Regel ein geringerer 
Grad von Bildung herrscht, so ist doch wieder gerade 
er die Grundbedingung aller Völkerbildung. Ein 
Volk, das keinen Ackerbau treibt, bleibt stets in bar— 
barischem Zustand. Jäger und tapfere Krieger kann 
es haben, aber keine Bildung, der Pflug uͤt daher 
Sinnbild, ja die Mutter der Gesittung. VDarum soll⸗ 
ten die Herren, die nichts verstehen, als Hasen oder 
Menschen todt schießen, nicht so verächtlich auf den 
Bauernstand blicken, denn ohne diesen wären sie Bar— 
baren. Was aber des Standes größten Vorzug bildet 
nämlich da, wo die Güter noch nicht allzufehr ver⸗ 
theilt sind, sondern ihren Mann ernaͤhren koͤnnen, das 
ist seine Unabhängigkeit. Kein Stand kann deren in
	        

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