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Aussendeutschtum

Bibliografische Daten

fullscreen: Aussendeutschtum

Strukturtyp:
Monografie
Sammlung:
Deutsche Bevölkerungsgruppen im Ausland
Titel:
Aussendeutschtum
Publikationsort:
Berlin
Veröffentlichungsjahr:
1922
Verlag:
Selbstverlag
Größe der Vorlage:
Seite 73 - 84

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Signatur:
AD a 46
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=1355653169

Kapitel

Strukturtyp:
Kapitel
Titel:
Die heutige elsaß-lothringische Frage

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Aussendeutschtum
  • Titelseite
  • Außendeutschtum
  • Die heutige Lage des baltischen Deutschtums
  • Das Deutschtum in Litauen
  • Memelland
  • Danzig
  • Vom Deutschtum in Polen
  • Die oberschlesische Frage
  • Das Deutschtum in der Tschecho-Slowakei
  • Deutschösterreich
  • Deutschsüdtirol
  • Die Lage des Deutschtums in Siebenbürgen
  • Die heutige elsaß-lothringische Frage
  • Die Vergewaltigung des Deutschtums in Eupen-Malmedy
  • Die Lage der Deutschen im jetzt dänisch gewordenen Schleswig
  • Aus Schrifttum und Kulturleben

Volltext

=? 
gen vom deutschen Volke sah. Und was war das? Es war die Die Entscheidung fiel zugunsten Frankreichs, weil man stolz 
Revolution vom November 1918 mit ihren hier besonders war, zu dem in Europa führenden Staate zu gehören, weil 
krassen Auswüchsen, es war die rücdweichende Front, die man für die Ideen sich begeisterte, die damals von Frank- 
das Land sc<hußlos ließ, es waren besonders die -vielen reich ihren Siegeszug in alle Welt hinaus nahmen, weil -- 
Deutschen im Lande, die nichts Eiligeres zu tun wußten, als und dies ist besonders bedeutsam! =- unter Napoleon der 
möglichst beschleunigt irgendwelche vorher unbekannte Gut- kleine Mann des Elsasses es zu etwas bringen konnte (Kleber, 
habensmomente für französishe Augen und Ohren hervor- Kellermann, Rapp und andere elsässische Generäle!). Und 
zusuchen. Was der Elsässer und Lothringer von Deutschland es fiel die Entscheidung auch deshalb zu Frankreichs Vorteil, 
zuleßt sah, war nichts Verlodendes, das wollen wir uns weil der Gegenspieler, Deutschland also, ja nichts anderes 
ruhig eingestehen. Wir wollen und müssen stets denen, die damals war als eine traurige Karikatur eines, Staatsge- 
den „Altelsäsjern“ ihr (e<tes oder auch vermeitliches) Ab- bildes, weniger fast als ein geographischer Begriff. 
sjqwenken als Verrat am Deutschtum vorzuhalten sich vevr- Immer französischer wurde das Elsaß in den Jahrzehn- 
pflichtet glauben, sagen, daß die übelsten „Umfaller“ fast im= ten kurz vor der deutschen Rückgewinnung; auc) wo man 
mer „Altdeutsche“ oder Abkömmlinge solher waren. Wober see deutsche Sprache zäh verteidigte, war man politisch 
wir nicht einmal so „hervorragende“ Persönlichkeiten im Auge dem französischen Staatsgedanken gewonnen. Die Gebrüder 
haben wie etwa Herrn Wetterls oder Herrn Ungemach! Stöber, die Ha>ens<hmidt und Reuß, die auch von Rüdkehr 
- Die heutige elsaß-lothringrs<e Frage ist zum deutschen Volke. sprachen, waren eine Handvoll Männer 
in erster Lime ein Kulturproblem, ein Ausschnitt und ohne ausschlaggebende Bedeutung. Das wußte man in 
Bruchstü der gesamtdeutschen Kulturfrage, die dur< die Deutschland niht, als man daran ging, die „Brüder“ zu 
„Friedensverträge“ von Versailles usw. dem Deutschtum in „erlösen“. 
der Welt erwachsen ist. Es ist ein besonders s<wieriges Aber auch wenn mans gewußt hätte, auc) wenn man 
Teilstü> dieses Fragenkreises, da es an die meisten heran- die unerquidlihen „Proteste“ aus dem Lande vorausgeahnt 
tritt, ohne die für ein rechtes Urteil notwendige Kenntnis hätte, die Pflicht des deutschen Volkes wäre in den 
der geshichtlihen und völkischen Grundtatsachen anzutreffen. Jahren 1870-71 gewesen, wenigstens den Verjuc zu un- 
Dies gilt nicht allein für das völlig falsch unterrichtete Aus- ternehmen, diese zu 90 v. H. deutsc redenden Menschen 
land, es ist leider auch für weite deuts<e Kreise zutreffend. auch politisc<, auch für den deutschen Staats gedan- 
- Id kann hier nur in kurzen Strichen entwickeln, wie sic len zurüczugewinnen. 
die „elsaß-lothringish<e Frage“ geschichtlich gestaltet hat: Jahr Fünfzig Jahre waren nicht vollendet, als das Land 
hunderte hindurch jtand das Elsaß führend im deutschen Ge- erneut vor die Wahl gesielit war, wohin es gehören wolle. 
jamtkulturleben da. Der erste, der das Deutsche literatur» Nac französisc<her Lesart stürzte sic) Elsaß-Lothringen 
fähig machte, war Otfried von Weißenburg. Den Sagenkreis „jauchzend“ der französischen Mutter in die Arme, von der 
von Tristan und Isolde hat Gotfried von Straßburg aus es ein „schre>liches'" Halbjahrhundert lang durch die deutschen 
dem übernommenen romanischen Urstoff ms Germanische ge- Barbaren ferngehalten war. In Wirklichkeit kann man 
wandelt. Später waren die Elsässer Humanisten, die Ger- höchstens zugeben, daß dort nichts Durchgreifenves geschehen 
manisSimi germanorum, die „Deutschesten der Deutschen“. Im ist, um gegen die ungefragte Reannexion des Landes an 
Zeitalter der Reformation war Straßburg, war das Eljaß Frankreich sich zu wehren. Ob es aus Abneigung gegen 
führend und richtunggebend. Das Straßburger Münster ist den deutschen Staat oder gar die deuts<en Bruderstämme 
uns das eindruävollste Zeugnis dafür, wie romanisc<e Ele- geschehen ist, oder ob man sich niht vielmehr hilflos auf=- 
mente im deutschen Elsaß die angemessene volkhafte Umge- gegeben, rettungslos der Uebermacht eines hemmungslos vor- 
taltung ins Germanis<-Deutsche fanden. gehenden „Siegers“ preisgegeben fühlte, wer will dies ent- 
Wie konnte es da kommen, daß im Jahre 1870 der Plan scheiden“ Es kann und muß den Franzosen und den Män- 
der Rüdführung dieser einst so kerndeutshen Lande und nern der Franzosenpartei immer nur wieder das Eine vor- 
Menschen ins Deutsche Reich so wenig Gegenliebe, ja viel- gehalten werden: Warum habt Ihr es 19 außeror- 
fach so lebhaften Widerspruc) bei den Bewohnern des neuen dentlih ängstlich vermieden, eine wahre und 
„Reichslandes“ gefunden hat? Wie erklärt es sich, daß bis freie Volksbefragung dur<zuführen, wie man 
dur< den Weltkrieg hindurch weite Kreise der Elsaß-Lothrin4 es in Amerika, wie man es in Deutschland, und wie man es 
ger dem „culte du pass€“, dem Kult der Vergangenheit, so besonders im Lande selbst für selbstverständlih gehal- 
tark anhangen konnten? Wir verstehen dies nur, wenn wir ten hatte? Von gutem Gewissen zeugt das nicht! 
uns tlarmachen, daß das Land aus dem deutschen Reichs- Das „elsaß-lothringis<e Unbehagen", von 
verband zu einer Zeit herausgelöst wurde, als ein wirklihes dem uns elsaß-lothringis<e un d Pariser Blätter immer wie- 
deutsches Staatsgefühl weder vorhanden noc< auc< nur denk- der berichten, beweist, zum mindesten das Eine: daß nicht 
bar war. Denn an welche „nationaldeuts<he Idee“ hätten alles eitel Freude und Glüd im „befreiten“ Lande ilt. 
fim etwa die Bürger der freien deutschen Reichsstadt Straß- Die Rüdsichtslosigkeit französischer Berwelj<hungsbe- 
burg hängen sollen, als Frankreich 1681, mitten im Frieden, strebungen läßt etwas zum Wachsen kommen, was sich 
dieses Kleinod sich anschloß? Es gab wohl einen Kaijer und heute bescheiden „kultureller Regionali5smus"“ nennt, 
einen Reichstag fern, fern, an den man sich ja auc< um Hilfe was aber immer mehr zur Parole einer echten eljaß-loth- 
wandte. Um eine Hilfe, die den Straßburnern von dort jo we- ringischen Idee wird, die lauten wird: „Eljaß- 
nig kam (und mangels eigner Kraft auch niht kommen Lothringen den Eljaß-Lothringern! 
fonnte!), wie von der übrigen Welt, an die sich die Stadt Von deutsc<er Seite kann diese Entwidlung ge- 
hilfeheischend gegen das ihr angetane unerhörte Unreht hemmt werden durc Berkündung von Rüderoberungsab- 
wandte. | sichten, weil dies die Bevölkerung den neuen Herren im Die 
- Lange Jahrzehnte hindur< war das Land so dem franzö-« Arme treiben muß. Aber es kann gefördert werden 
sis<en Staate zugehörig, ohne daß dies aber als eine Fremd- -=- und muß. es =-, wenn man diesen Stimmen aus Elsaß- 
herrschaft im eigentlihen Simne empfunden wurde. Des- Lothringen das Ohr der Welt öffnet, wenn man selber aucy 
halb nicht, weil dieser neue Gebieter fich möglichst wemg dafür Verständnis zeigt, daß die Elsässer und Deutschlothrin- 
fühlbar machte, weil er besonders niht darauf ausging, dieje ger den begreiflihen Wunsch hegen, endlich einmal 
deutschen Menschen geistig, seelis<, der Sprache na< zu Voll- selbst zu bestimmen, was aus ihnen und 1threm 
franzosen zu machen. So kam die große Revolution in schönen Lande werden soll, das uns allen so teuer ist, 
Frankreich und riß das abseits gelegene Elsaß hinein in den wie es Straßburg, die „wunderschöne Stadt“, ist, desen 
Strudel der gewaltig dahinstürmenden Geschichte. Und nun Münster uns das Symbol unsrer Sehnsucht und unserer Liebe 
erst war überhaupt die Bevölkerung vor die Entscheidung ge- zu allem deutschen Geiste in der Welt ist. 
stellt, ob sie voll und ganz französis< werden und sein wolle. No< rollt das Rad der Geschichte! 
Die Bergewaltigung des Deutschtums in Eupen-Malmedy. 
Die Gebiete von Eupen und Malmedy, zwischen Aachen Warum? s | Un ENE 
und dem Großherzogtum Luxemburg längs der deutschen Die Antwort auf dieses Warum ist eine Enthüllung 
Grenze sich hinziehend, wurden durch Artikel 34 des Friedens- so schamloser Methoden der Unterdrückung und Vergewaltt- 
vertrages Belgien einfach zugejprohen. Warum? Weil -- in gung, so frecher Verhöhnung der deutschen Regierung, der 
Eupen etwa 98 v. H. der Bewohner, in Malmedy jedenfalls auf Anfrage offiziell mitgeteilt wurde, es bestände keinerlet 
eine überwiegende Mehrheit deutschgesinnt sind, eine Ab- Beeinflussung der Bewohner oder der Protestierenden == 
ifimmung also der Entente nicht rätlih erscheinen konnte. während zugleich offizielle Erlasje (Zirkular vom 25. a. 1920) 
Sie stellte nur das Sceinbild einer „Protestaktion“ den dort die Nachteile verkündeten, welche die für Deutschland 
Einwohnern anheim; sie konnten innerhalb von sehs Monaten Bekennenden zu gewärtigen hatten, während die Erfahrung 
nac< Inkrafttreten des Versailler Vertrages sich in roter zeigte, daß man die Deutschgesinnten vertrieb, während Au- 
listen einzeichnen, die =- angeblich -- jeden Tag den Bewöh- genzeugen erzählen, wie sie stundenlang auf dem Büro der (Ein- 
nern offen stehen sollten. Angeblich sollte auc< feme schreibung von den betreffenden Beamten gezwiebelt wur- 
Beeinflussung oder Behinderung der Protestierenden erfol- den, um sie von ihrem Vorsatz abzubringen -- daß man sich 
gen. Von 32000 stimmberechtigten Einwohnern haben sih fragt, wie sich eine Regierung und ein Bolt solHe jreche, 
ganze 300 eingeschrieben. offenkundige Verspottung bieten lassen kann. Die läppischsten
	        

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