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Neustädter Heimatbrief (1966)

Bibliografische Daten

fullscreen: Neustädter Heimatbrief (1966)

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Oberschlesische Heimatblätter ab 1949
Titel:
Neustädter Heimatbrief
Untertitel:
Zeitschrift des Kreises Neustadt OS
Publikationsort:
Rothenburg o. d. T.
Veröffentlichungsjahr:
1950
Verlag:
Goldammer Verlag GmbH & Co. KG

Physikalischer Standort:
Bibliothek der Stiftung Haus Oberschlesien, Ratingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=010078045
Strukturtyp:
Zeitschriftenband
Sammlung:
Oberschlesische Heimatblätter ab 1949
Titel:
Neustädter Heimatbrief
Untertitel:
Zeitschrift des Kreises Neustadt OS
Band, Heft, Nummer:
1966
Publikationsort:
Rothenburg o. d. T.
Veröffentlichungsjahr:
1950
Verlag:
Goldammer Verlag GmbH & Co. KG

Physikalischer Standort:
Bibliothek der Stiftung Haus Oberschlesien, Ratingen
Signatur:
Z 111
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=010078045_1966

Zeitschriftenheft

Strukturtyp:
Zeitschriftenheft
Titel:
März 1966
Band, Heft, Nummer:
3

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Neustädter Heimatbrief
  • Neustädter Heimatbrief (1966)
  • Januar 1966 (1)
  • Februar 1966 (2)
  • März 1966 (3)
  • April 1966 (4)
  • Mai 1966 (5)
  • Juni 1966 (6)
  • Juli 1966 (7)
  • August 1966 (8)
  • September 1966 (9)
  • Oktober 1966 (10)
  • November 1966 (11)
  • Dezember 1966 (12)

Volltext

des damaligen Schulrats Krause aus Neu- 
stadt hat das Schulhaus gesehen, War das 
Ende eines Jahres gekommen, wurde der 
„Tazem“ eingenommen. Dann wurde im 
alten Schulhaus an mehreren Tagen der 
Woche Getreide aller Sorten, sowie Eier 
und allerlei zusammengetragen, welches 
nach einer alten Überlieferung für den Pa- 
stor und für den Kantor bestimmt war. Das 
sollte wohl ein Ersatz für die heutige Kir- 
chensteuer sein. 
Das alte Schulhaus erfüllte aber auch 
noch einen anderen Zweck. Wenn der Hof 
und die manchmal neurenovierte Wand des 
gegenüberliegenden nichtevangelischen Her- 
Steinau Als der Russe 
In der Frühe des 25. Januar 1945 erfolgte 
eine starke Detonation. Im Osten sahen wir 
einen riesigen Feuerschein, Wir vermuteten 
die Sprengung der Muni bei Krappitz, was 
auch der Fall war. Der Russe war also 
an der Oder, ca. 28 km von uns entfernt. 
Einige Stunden später trafen Flüchtlinge 
aus Auenwalde (Ottok) ein., Sie erzählten, 
daß leichte Granaten bei Auenwalde einge- 
schlagen wären, wahrscheinlich von Panzern 
aus dem Schelitzer Walde. Wie wir später 
hörten, sind tatsächlich russische Panzer 
über die Oder gekommen und bis Pechhütte 
vorgestoßen, wo sie aber von unseren Trup- 
pen aufgehalten wurden. Jedenfalls herrsch- 
te bei uns große Sorge, was in den nächsten 
Stunden geschehen wird. Kummer machten 
uns ca. 8000 Ltr. Spiritus, die im Spiritus- 
keller lagerten und für die wir, trotz mehr- 
flacher Anmahnung, keine Abnahme erwir- 
ken konnten. Man hatte keine Fässer, es 
klappte nicht‘ mehr. Die Brennerei stand 
schon einige Tage wegen Kohlenmangel 
still. Vom Zollamt Neisse kam die Anwei- 
sung beim Herannahen der Russen den 
Spiritus davonlaufenzulassen. In Anbetracht 
der Ereignisse des Vormittags glaubten wir 
aun, daß unmittelbar Gefahr bestehe. Was 
geschähe mit uns, wenn der Russe an diesen 
Branntwein käme?! Herr Otto Blomeyer- 
Fuchsberg, der Bruder meines im Felde ste- 
henden Chefs, hielt die Vernichtung für 
gerechtfertigt und ich stimmte zu. Die 
Schlösser des Kellers werden erbrochen und 
die Hähne der Bassins geöffnet. Der Spiri- 
us lief in einem Graben davon. Aus ihm 
*:üllten die Guts- und Dorfbewohner Eimer, 
Milchkannen, Tonnen mit dem 84°igen 
Branntwein, die sie dann versteckten und 
vergruben. Der Russe kam aber noch nicht 
und wir mußten uns viele Vorwürfe gefal- 
jen lassen, daß wir voreilig gehandelt hät- 
ten, da unsere Wehrmacht .den Spiritus 
schon abgefüllt haben würde. . 
An diesem Gefahrentage aber war keine 
Wehrmacht in Schnellendorf, Es war auch 
Sache des Zollamtes die Wehrmacht zu ver- 
nann-Bäckers die Fahrräder der ev. Kir- 
-hengänger nicht alle fassen konnten, dann 
mußten diese in der alten Schule und in 
dem Hof derselben Quartier beziehen. 
Das war, meine lieben Heimatfreunde, 
eine Erinnerung an das alte Schulhaus, das 
mich und mehrere Generationen vor mir 
zu Gast hatte und an das alle, die darin 
aus- und eingingen, sich gern zurücksehnen. 
Im neuen Schulgebäude unterrichteten da- 
mals der heut noch in Niedersachsen im 
Ruhestand lebende Lehrer Oswald Prezem- 
bel und der verstorbene Lehrer Willy Bo- 
gumil. Gerhard Weiß 
kam / Von Paul Stumpe 
ständigen, daß 8000 Ltr. Branntwein ver- 
nichtet werden müssen. Gearbeitet wurde 
im Betrieb nicht mehr, Alle waren wie ge- 
‘ähmt, auch reichten die Leute nicht mehr 
aus, um die Dreschmaschine zu besetzen. 
Das Vieh wurde versorgt, die Milch ging 
noch zur Molkerei Steinau, Die Leute 
schlachteten ihre Schweine, um das Fleisch 
zu pökeln und transportfähig zu machen. 
Man richtete sich auf eine evtl. Flucht ein 
und packte die notwendigsten und wichtig- 
sten Sachen zusammen, Die Post kam un- 
regelmäßig und die Steinauer Bahn schränk- 
te den Betrieb ein. Die Neisser Zeitung er- 
schien noch und brachte die Kriegsberichte. 
Wir erfuhren, daß der Russe schon sehr nahe 
gewesen war, aber wieder zurückgeschlagen 
werden konnte. So erinnere ich mich an 
ainen Bericht aus Burgwasser (Dobrau). Die 
Einwohner berichteten von Erschießungen 
ler Männer und Vergewaltigungen der 
Frauen. Dieser Bericht bestärkte uns in dem 
Entschluß auf keinen Fall zu bleiben, wenn 
der Russe käme. In den nun folgenden Ta- 
gen kamen Flüchtlinge aus dem Falkenber- 
ser Nordkreis. An der Oder liegende Dörfer 
wurden -evakuiert. Da der Kreisleiter keinen 
Flüchtling aus dem Kreis entließ, staute sich 
in Klein Schnellendorf, dem südlichsten 
Dorf an der Durchgangsstraße nach Neu- 
stadt—Sudetenland der Flüchtlingsstrom. 
Die Ställe, Scheunen und Schuppen standen 
voll von Pferden der Flüchtlinge. Eine Ve- 
terinär-Komp. lag ebenfalls in den Scheu- 
nen. Im Park lag eine große Schafherde, 
öhne Dach für die nun lammenden Mutter- 
schafe. Nun galt es für die Ernährung der 
vielen Menschen zu sorgen. Die Vorräte, die 
sie in den Wagen mitführten, wollten sie 
(ür die noch ungewisse Zukunft behalten. 
Die vielen Pferde wollten Futter, die Klein- 
kinder wollten frische Milch, die Erwach- 
senen Brot und Fleisch. Im Einvernehmen 
mit dem Bürgermeister Jahnel wurde Vieh 
zeschlachtet und das Fleisch verteilt. Mit 
den Flüchtlingen wurde die Dreschmaschine 
in Gang gesetzt, damit es Futter gab.
	        

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Neustädter Heimatbrief. Goldammer Verlag GmbH & Co. KG, 1950.
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